Angewandte Bioinformatik

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Wie lassen sich anhand molekularer Daten Verwandtschaftsbeziehungen zwischen Genen oder Arten rekonstruieren? Welche Auskünfte können diese Daten über biologische Funktionen geben? Wie verlief die Evolution von Proteinkomplexen? Fragen wie diese stehen im Fokus der Arbeit von Prof. Ingo Ebersberger. Den Ausgangspunkt seiner Forschung bilden heute existierende Arten, deren Genom komplett oder in Auszügen entschlüsselt ist. Diese Daten analysiert er hinsichtlich der Unterschiede ihrer DNA- und Protein-Sequenzen. Sein Ziel ist es dabei, sogenannte orthologe Gene zu identifizieren, also verwandte Sequenzen unterschiedlicher Arten, deren evolutionäre Linien sich im Zuge des Artbildungsprozesses aufspalteten. Basierend auf dem Vergleich solcher Daten konnte Ebersberger 2006 zum Beispiel zeigen, dass hinsichtlich etwa eines Viertels des menschlichen Genoms nicht der Schimpanse unser nächster Verwandter ist.

Auch Protein-Komplexe mit spezifischen Funktionen untersucht Ebersberger. Dabei geht er der Frage nach, wie mittels bioinformatischer Methoden die funktionelle Äquivalenz von Proteinsequenzen vorhergesagt werden kann. Hierfür dient ihm unter anderem die Hefe mit ihrer Biosynthese von Ribosomen als Modellorganismus. Die Ergebnisse ermöglichen Rückschlüsse darauf, wann während der Evolution die untersuchten funktionellen Komplexe vermutlich entstanden sind.

Für seine Analysen entwickelt Ebersberger Algorithmen, Datenvergleichs- und Simulationsprogramme. „Um bei unseren Rekonstruktionen die verlässlichsten Hypothesen zu finden, überprüfen wir unsere Ergebnisse wenn möglich mit mehreren sorgfältig ausgewählten und unabhängigen Daten-Sets und im Abgleich mit bisherigen Forschungsergebnissen. In Zweifelsfällen erfolgt eine sensitivere Analyse der Daten“, berichtet Ebersberger.

In seiner Arbeit kooperiert er mit dem Center for Integrative Bioinformatics in Wien, der Huazhong Universität in Wuhan, China, und der Carnegie Mellon University in Pittsburgh, USA. „Unser Ziel ist es, mithilfe bioinformatischer Methoden die Erkenntnisse verschiedener biologischer Forschungsrichtungen zur Evolution zu einem Gesamtbild zusammenzuführen“, erklärt Ebersberger.

Im Bachelor- und Masterstudiengang „Bioinformatik“ will Ebersberger den Studierenden nicht nur die spezifischen Kenntnisse an der Schnittstelle zwischen Biologie, Informatik und Mathematik vermitteln, sondern sie zu kritischem und ergebnisoffenem Denken anregen.

Ingo Ebersberger studierte an der Universität Mainz Biologie. 2003 wurde er von der Universität Leipzig mit einer Arbeit zum DNA-Sequenz-Vergleich zwischen Mensch und Schimpanse promoviert. Als Postdoktorand und 

Zur Person

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Hochschulassistent forschte er an der Universität Düsseldorf zur Analyse der Stammesgeschichte der Tiere und Pilze anhand von Genfragmenten und zu Fragen der Evolution von Primaten. Darüber hinaus lehrte Ebersberger in Düsseldorf Bioinformatik. 2006 wechselte er an das Zentrum für Integrative Bioinformatik der Universität Wien. Forschungsschwerpunkte waren hier unter anderem Arbeiten zur Vorhersage funktioneller Äquivalenz von Proteinen, die Erhebung sowie Interpretation relevanter Daten und die Phylogenie der Eukaryoten. 2012 wurde er als Professor für Angewandte Bioinformatik an die Goethe-Universität Frankfurt berufen.

Kontakt:

Prof. Dr. Ingo Ebersberger
Institut für Zellbiologie und Neurowissenschaften
Max-von-Laue-Str. 13
(Biologicum, Flügel B)
60438 Frankfurt am Main
Telefon: +49 (0)69 798 42112

E-Mail:ebersberger@bio.uni-frankfurt.de