Neurobiologie der Honigbiene

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Honigbienen bilden aufgrund ihrer sozialen Lebensweise, ihrer reichhaltigen erlernten Verhaltensmuster und ihres leicht zugänglichen Gehirns einen wertvollen Modellorganismus für die Analyse grundlegender neurobiologischer Fragen. Professor Bernd Grünewald erforscht am Institut für Bienenkunde der Polytechnischen Gesellschaft in Oberursel die zellphysiologischen Mechanismen des Lernens und der Gedächtnisbildung, die den Bienen ihre effiziente Sammeltätigkeit ermöglichen. Die Nervenzellen (Neuronen) leiten elektrische Impulse weiter, die dadurch erzeugt werden, dass porenbildende Proteine Ionen durch die Zellmembran schleusen. Die Funktionsweise dieser spannungsabhängigen Ionenkanäle untersucht Grünewald mit dem Ziel, die Rolle der Ionenströme während des Duftlernens und der Dufterkennung aufzuklären. Zwischen zwei Nervenzellen werden Informationen hingegen über chemische Signalwege von Botenstoffen, den Neurotransmittern, übermittelt. Durch Lernvorgänge verändert sich die Physiologie der beteiligten Nervenzellen. Welche Prozesse diese Plastizität der Neuronen steuern, analysieren Grünewald und sein Team ebenso wie die Wirkung hemmender Transmitter und neuronaler Netzwerke bei der Gedächtnisbildung. Die Erkenntnisse fließen in ein umfassendes physiologisches Modell der Nervenzellen ein, die Duftinformationen im Gehirn verarbeiten und speichern.

Die Gehirnareale, die am Duftlernen beteiligt sind, und die Faktoren, die das Gedächtnis der Insekten stabilisieren, charakterisiert Grünewald über verhaltensbiologische Ansätze, die von Labor- und Freilandexperimenten bis hin zu pharmakologischen Versuchen reichen. Für das Verständnis des ausgeprägten sozialen Verhaltens der Honigbiene untersucht das Team die Sammelflüge der Arbeiterinnen, die Regulation der Brutwärme und die Aktivität der Drohnen im Bienenvolk. Auch neue Therapieformen gegen Bienenkrankheiten und die Erforschung der Wirkung von Insektiziden auf die kognitiven Leistungen der Bienen stehen im Fokus der Arbeit.

„Bei unserer experimentellen und umfassenden Forschung lernen Studierende die neuronalen Mechanismen der Verhaltenssteuerung an einem neurobiologischen Modellorganismus kennen: der Honigbiene, die als Bestäuber von hohem ökonomischen Wert in der Landwirtschaft und von gesellschaftlicher Relevanz ist“, beschreibt Grünewald sein Fachgebiet.

Zur Person

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Bernd Grünewald studierte Biologie und Psychologie an der Universität Regensburg. Seine Promotion über die Rolle hemmender Neurone beim Duftlernen schloss er an der Freien Universität Berlin ab. Mit einem Postdoktoranden- Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) arbeitete er anschließend an der University of Arizona in Tucson, USA. Von 1997 an baute er an der Freien Universität Berlin eine eigene Forschergruppe auf und wurde dort 2005 im Fachgebiet Zoologie habilitiert. 2008 erhielt Grünewald den Ruf an die Goethe-Universität für die Stiftungsprofessur der Polytechnischen Gesellschaft. Seitdem leitet er das Institut für Bienenkunde der Polytechnischen Gesellschaft in Oberursel bei Frankfurt, das 1937 gegründet wurde und seit 1963 gemeinsam mit der Goethe-Universität unterhalten wird.

Kontakt:

Prof. Dr. Bernd Grünewald
Institut für Zellbiologie und
Neurowissenschaft/
Institut für Bienenkunde
Karl-von-Frisch-Weg 2
61440 Oberursel
Telefon: +49 (0)6171 21278
E-Mail: b.gruenewald@bio.uni-frankfurt.de
www.bio.uni-frankfurt.de